Die Luftdichtigkeit im KlimaHaus
Die modernen Klimahäuser stellen zunehmend höhere Anforderungen an den Wärmeschutz. War vor wenigen Jahren ein Klimahaus der Klasse A noch Utopie, so steht diese Wärmeschutzklasse schon bald für eine nicht unerhebliche Zahl von Neubauten.
Mit der Verbesserung des Wärmeschutzes ist auch eine höhere Luftdichtigkeit des Wohnhauses gefragt. Was nützt ein Klimahaus A auf dem Papier, wenn es in Wahrheit ein Haus der Klasse C ist, nur weil die Wärmeverluste zum größten Teil durch Konvektion und weit weniger durch Wärmeleitung zustande kommen? Und nur für Letztere wird versucht, jene Kenngrößen möglichst exakt zu ermitteln. Ein theoretischer Nachweis für den Wärmebedarf eines Gebäudes berücksichtigt die so genannten Lüftungswärmeverluste nur „pauschal“. Theorie und Praxis können im Gesamtwärmebedarf, hauptsächlich verursacht durch eine unsachgemäße Ausführung, weit auseinander liegen. Was tun? Abhilfe schafft ein so genannter Luftdichtheitstest, aus dem angelsächsischen Sprachraum auch als „Blower Door Test“ bekannt. Das Verfahren wurde in den USA bereits um 1970 entwickelt, wo es heute bei nahezu jedem Neubau angewandt wird. Der Luftdichtheitstest ist ein Praxistest, im Unterschied zur theoretischen Ermittlung von wärmeschutztechnischen Kenngrößen. Die nachgewiesene Luftdichtheit eines Gebäudes verringert (schlimmstenfalls auch vergrößert!) den Wert für die Lüftungswärmeverluste. Der Luftdichtheitstest ist somit bei höheren Anforderungen an den Wärmeschutz, z.B. für Klimahäuser der Klasse A bzw. „Gold“ ein Muss.
Die Luftdichtheit stellt aber auch ein Qualitätsmerkmal für die fachgerechte Ausführung dar. Der hierfür vorgesehene Test bescheinigt dem ausführenden Unternehmen die Professionalität für die Errichtung eines Klimahauses. Aber auch bereits in der Planung sind die notwendigen Maßnahmen zu setzen. Fehlende Luft- und Winddichtheitsschichten werden mit durchgeführtem Blower-Door-Test offensichtlich. Und vielfach ist es dann zu spät nachzubessern oder in jedem Fall mit höheren Kosten verbunden.
Ein einigermaßen luftdichtes Haus hat auch noch andere Vorteile gegenüber einem undichten: Der Wohnkomfort steigt und die Gefahr von Bauschäden aufgrund eindringender Feuchtigkeit durch Konvektion ist äußerst gering. Das Qualitätsmerkmal Luftdichtigkeit vermeidet die unkontrollierte Zugluft und steigert zudem den Schallschutz gegen Außenlärm. In radonbelasteten Örtlichkeiten wird eine höhere Luftqualität durch die dichte Abtrennung zum Kellergeschoss hin erreicht.
Wie wird nun die Messung in der Praxis durchgeführt? Im Prinzip wird nicht die Luftdichtigkeit sondern letztendlich die Luftdurchlässigkeit einer Wohnung oder eines ganzen Hauses gemessen. Der Luftdurchlass ist schließlich eine Eigenschaft der Luftdichtheit der Außenhülle eines Gebäudes. Für die Messung wird ein geeichter Ventilator („blower“) mit Hilfe einer in die Außentür („door“) luftdicht eingespannten Plane eingebaut. Als Außentür kommt der Hauseingang oder eine Balkontür in Frage. Alle restlichen Außentüren und Fenster müssen dabei verschlossen, die Innentüren hingegen alle geöffnet sein. Die Messungen erfolgen mittels einer Druckdifferenz (Unter- bzw. Überdruck) zur umgebenden Außenluft. Der Ventilator wird dabei stufenweise von etwa 20 bis 60 Pascal (1 Pa = 1 N/m2) eingestellt und der jeweils zugehörige Luftvolumenstrom aufgezeichnet. Alle Messungen ergeben in einem Diagramm eingetragen eine mathematische Funktion (Kurve), wobei der Volumenstrom bei exakt 50 Pa abgelesen wird. Glücklicherweise erledigt diese Arbeit ein Computerprogramm, sodass bereits an Ort und Stelle der Wert vorliegt. Die Druckdifferenz von 50 Pa bei Unterdruck ist ein sehr niedriger Wert, vergleichbar mit 5 mm Wassersäule oder dem Luftdruckunterschied zwischen zwei Stockwerken eines Gebäudes. Trotzdem bläst der Ventilator bei 50 Pa schon sehr kräftig, verglichen mit einem Winddruck auf eine Wand sind es dann doch ca. 9 m/s oder Windstärke 5.
Was bedeutet Unterdruck, was Überdruck? Bei der Unterdruckmessung wird Luft aus dem Gebäude ins Freie geblasen. Durch Undichtigkeiten in der Außenhülle strömt Außenluft nach. Diese Messung dient auch dazu, Luftdurchlässe, so genannte Leckagen, aufzuspüren. Der Luftdichtheitstest hat somit auch die Aufgabe, Undichtigkeiten noch vor dem Bezug der Wohnung festzustellen und Maßnahmen für deren Abdichtung zu setzen. Bei der Überdruckmessung hingegen wird Außenluft ins Gebäudeinnere hinein geblasen. Die Außenhülle verliert dabei Luft nach außen hin, ähnlich wie bei einem Loch in einem aufzublasenden Luftballon. Die Werte aus den Unter- und Überdruckmessungen werden gemittelt.
Die Kennzahl der Luftdurchlässigkeit ist aber nicht der Volumenstrom selbst, sondern der so genannte n50-Wert: die volumenbezogene Luftdurchlässigkeit, das Verhältnis aus Luftvolumenstrom zum Innenvolumen des Gebäudes bzw. der Wohnung. Gebräuchlicher ist die Bezeichnung „Luftwechselrate bei 50 Pa Druckdifferenz“. Hierbei gibt es Grenzwerte laut DIN 4108-7, die nicht überschritten werden dürfen: n50 3,0 h-1 ohne raumlufttechnische Anlage, n50 1,5 h-1 mit raumlufttechnischer Anlage und n50 0,6 h-1 für Passivhäuser (Kriterium Passivhausinstitut). Zum Ablauf des Messverfahrens bzw. zur Bestimmung der Luftdurchlässigkeit gibt es die europäische Norm DIN EN 13829, die bereits im Jahr 2002 veröffentlicht wurde.
Das Qualitätsmerkmal Luftdichtigkeit ist notwendig, um den geringen Wärmebedarf unserer Klimahäuser in der Praxis auch effektiv zu erreichen. Ganz nebenbei steigen Wohnkomfort und Schallschutz. Das zugehörige Messverfahren zeigt letztendlich, ob das Haus gut geplant und fachgerecht gebaut wurde.
Messungen bei Passivhaus (oben) und Klimahaus B (unten)
Fachautor
Dr. Ing. Arch. Thomas Schrentewein
Lignaconsult GmbH – Ingenieurdienstleistungen
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