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Wege zu einer Verbesserung des Energiehaushaltes von Altbauten

Lebensbedingungen und Ansprüche des Menschen haben sich im Laufe der Jahrhunderte stark verändert. Auf den mittelalterlichen Burganlagen zog man sich im Winter in die wenigen, beheizbaren Räume zurück. Diese Räume nannte man Kemenaten nach dem lateinischen Wort caminata für Kamin. Und noch heute rückt man auf alten Bauernhöfen in der Stube um den Ofen zusammen. Das gleichmäßig temperierte Haus ist hingegen eine Idee der sogenannten Wohlstandsgesellschaft des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Dieser Anspruch war von Anfang an gefährdet und gerät heute zunehmend in Bedrängnis: von der Energiekrise in den 70-er Jahren, über die weltweite Verknappung der Erdölvorkommen bis zu dem heute stark wachsenden Energiebedarf der neuen Industriestaaten wie China oder Indien. Immer deutlicher wird, dass nicht nur die Versorgung mit billiger Energie auf dem Spiel steht, sondern die Gewährleistung der Versorgung schlechthin. Ein Ausweg aus dem Dilemma ist die Verminderung des Verbrauchs von Gebäuden durch mehr Effizienz, d.h. durch bessere Dämmung der Gebäudehülle: das sogenannte Passivhaus findet in Mitteleuropa seit gut 20 Jahren immer mehr Anhänger, in Südtirol wird es als Klimahaus seit ca. 2004 intensiv beworben.

Wer heute neu baut, wird sein Haus gut dämmen: die höhere Investition zugunsten der Wärmedämmung wird durch niedrige Heizkosten in den Folgejahren eingespielt, – eine Hypothek, die sich mit der Zeit abbaut. Bei schlecht gedämmten Häusern ist es umgekehrt, sie werden in Zukunft steigende Heizkosten verursachen. Alte Häuser sind meist weit entfernt von jedem Klimahausstandard: Sie sind oft schwer zu beheizen und zum Teil sogar unwohnlich und gesundheitsschädigend. Den ästhetischen Qualitäten eines alten Gebäudes – gut proportionierte, hohe Räume, historische Fenster mit feiner Sprossenteilung – stehen oft empfindliche Abstriche beim Wohnkomfort gegenüber. Ein Bauherr aber, der sein altes Haus sanieren möchte, gerät fast zwangsläufig in den Konflikt zwischen dem erhaltenswerten ästhetischen Erscheinungsbild und gängigen Sanierungsmethoden mit Außendämmung und Passivhausfenstern. Nicht nur bei Bauten unter Denkmalschutz, sondern bei jeder, noch einigermaßen intakten Bausubstanz, sollte daher erst der Bestand analysiert werden. Die Bauuntersuchung versetzt alle Beteiligten – vom Bauherrn bis zum Architekten und Energieplaner – in die Lage das Haus objektiv beurteilen zu können und die Eingriffe gezielt zu setzen. Sie bildet die Grundlage für das energetische Sanierungskonzept.

Zu viele historische Fassaden sind in den letzten Jahrzehnten einer unsachgemäßen Renovierung zum Opfer gefallen. Jahrhunderte alte Kalkputze und Kalkanstriche, die oft der Schlüssel zur vielschichtigen Baugeschichte des Hauses waren, wurden abgeschlagen und durch Thermoputze mit Kunstharzanstrich ersetzt. Der Unterschied ist offensichtlich: es entstehen glatte, gesichtslos und künstlich wirkende Fassaden, die ihre Lebendigkeit verloren haben. Daher verlangt das Amt für Bau- und Kunstdenkmäler die Erhaltung der verschiedenen historischen Oberflächen: „Der von Hand abgekellte Putz ist die historische „Haut“ eines jeden Bauwerkes das vor 1880 entstand. Er schützt nicht nur das Mauerwerk, sondern stellt zugleich eine stilistisch-ästhetische Komponente dar.“*

Ein altes Gebäude muß ganzheitlich betrachtet werden: Wo entstehen die größten Energieverluste und welche Bauteile können gedämmt werden ohne dem Bestand zu schaden? Die Dämmung der Außenmauern ist nicht in jedem Fall möglich – weder an der Außenseite noch an der Innenseite! – und oft auch gar nicht zielführend. Handelt es sich bei dem Objekt etwa um ein Laubenhaus, so werden die Wärmeverluste über die schmale Stirnfassade gering sein. An die langen Brandmauern hingegen grenzen beheizte Nachbargebäude, die kompakte Bauweise sorgt für Energieeinsparung. Massive Verluste erfolgen hingegen über das Dach, doch im Dachraum kann fast immer problemlos gedämmt werden.

Auch der Sanierung von historischen Fenstern wird heute mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Sie sind ein bestimmendes Element für das äußere Erscheinungsbild der Fassade. Leider wurden in Südtirol in den letzten Jahrzehnten Tausende von historischen Fenstern, die durchaus noch restaurierungsfähig gewesen wären, ausgebaut und entsorgt. Heute fordert das Amt für Bau- und Kunstdenkmäler, oft gegen große Widerstände, die Erhaltung und Reparatur historischer Fenster. Hier öffnet sich auch ein interessantes Betätigungsfeld für innovative Handwerksbetriebe. Die Sanierung alter Fenster und der originalgetreue Nachbau von verloren gegangenen Teilen stellt hohe handwerkliche Anforderungen und setzt viel Erfahrung voraus.

Bei der energetischen Gebäudesanierung erweist sich die Typologie der historischen Kastenfenster zudem als vorteilhaft, da der Taupunkt im Mauerwerk durch den ca. 20 cm breiten Kasten nach außen verschoben und das Risiko von Kondensatbildung vermindert wird. Wenn bei einem solchen Fenster der fehlende Innenflügel durch ein ungeteiltes Element mit Wärmeschutzverglasung ersetzt wird, so kann der Transmissionswärmeverlust – unter Erhaltung der ästhetischen Erscheinung der Fassade – nochmals stark reduziert werden (UW = 1,0 W/m2K).

Grundsätzlich gilt: Jeder Altbau ist ein Unikat und erfordert ein spezielles Sanierungskonzept. Wir sollten unsere historischen Gebäude so gut wie möglich instandhalten und auch energetisch sanieren, doch nicht um jeden Preis. Durch eine nicht fachgerechte Sanierung geht interessante und wertvolle Bausubstanz unwiederbringlich verloren.

*Richtlinien des Amtes für Bau- und Kunstdenkmäler, siehe
http://www.provinz.bz.it/denkmalpflege/default.asp

Diesen Artikel finden Sie auch im gedruckten Baufuchs 2007


Fachautor

Arch. Susanne Waiz
freischaffende Architektin
Bahnhofallee 3
I-39100 Bozen
Tel. 0471/97 9000
Fax. 0471/326 364
studio.waiz@dnet.it

Susanne Waiz

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