Wert und Preis deiner Wohnung
Wert und Preis sind zwei Paar Schuhe.
Der Wert einer Sache ist immer die subjektive Vorstellung, dass sich die Produktions- und Vorfinanzierungskosten, Risikoprämie und ein Gewinn realisieren lassen.
Der Preis einer Sache ist der auf dem Markt realisierte Wert. Wenn ich beispielsweise am Verdursten bin, ist mir ein Liter Wasser sehr viel wert, weil es mir den Nutzen des Überlebens bringt, während das Wasser im nächsten Geschäft zu einem geringen Preis erworben werden könnte.
Jeder darf sich jeden Wert vorstellen, während der Preis durch Angebot und Nachfrage zustande kommt.
Bei öffentlichen Versteigerungen fußt der Ausrufpreis auf einer subjektiven Wertung, während nach durchgeführter Versteigerung daraus der wahre Marktpreis hervorgeht.
Vom Gesetzgeber, umso mehr in dirigistisch geführten Regierungssystemen, wird häufig zu Preisregelungen gegriffen. Jede Preisregelung erzeugt aber Schleichhandel, da der zu zahlende Preis nicht durch Angebot und Nachfrage zustande gekommen ist. Wer denkt da nicht an die hohen Steuerbelastungen, die Steuerhinterziehungen zur Folge haben oder an das inzwischen abgeschaffte Gesetz Nr. 392/78 über den so genannten „gerechten Mietzins“, welches wegen der vielfach praktizierten Schwarzzahlungen nach 20 Jahren stufenweise außer Kraft gesetzt wurde.
Preisregelungen können aber auch durch Qualitätsverschlechterungen umgangen werden. Wer über zu hohe Wohnungspreise klagt, sollte auch zugeben, dass die Öffentliche Hand und Gewerkschaften die ärgsten Preistreiber sind.
Deine Wohnung ist eine Ware, die ihren Wert und/oder Preis hat, auch wenn es weniger unternehmerfreundlich gesinnte Personen nicht wahrhaben wollen.
Bevor du als Eigentümer konkrete Schritte zum Verkauf, Vererben oder zur Belehnung deiner Wohnung oder deines Hauses setzen möchtest, solltest du selbst den Wert deiner Liegenschaft ermitteln, auch wenn dies nur näherungsweise erfolgen kann. Fremdauskünften ist grundsätzlich mit Skepsis zu begegnen. Würdest du mehrere Sachverständige darüber befragen, musst du bei den vorgelegten Verkaufswerten mit Abweichungen von bis zu 20 % rechnen.
Zur überschlagsmäßigen Selbstbewertung eignet sich u.a. folgendes Verfahren, das sich an ein von der TU Wien entwickeltes Bewertungssystem bzw. an das alte Mietengesetz Nr. 392/78 anlehnt.
Man geht von einem Basiswert aus, der den (Wieder-) Herstellungskosten entsprechen kann. Je nach Lage, Erhaltungs- und Instandhaltungszustand, Standard der Ausstattung, Wohnqualität der Umgebung, Anbindung an Verkehrswege, Orientierung, Garten werden vom Basiswert Zu- oder Abschläge ermittelt. Letztere basieren auf allgemein gültigen Erfahrungswerten, die selbstverständlich fallbezogen auch größere Toleranzen nach unten oder nach oben aufweisen können. Liebhaber- oder Extremwerte subjektiver Natur, wie beispielsweise der meistens überbewertete „Seeblick“ oder der Blick zum „Rosengarten“ werden dabei nicht berücksichtigt.
Zum Schluß der Selbstbeurteilung und nach Multiplikation des Basiswertes mit den entsprechenden Korrekturkoeffizienten ergibt sich der näherungsweise ermittelte Verkaufswert deiner Wohnung.
Ob sich der so ermittelte Verkaufswert auch auf dem Markt behaupten kann, ist natürlich nicht gesagt, ist aber immerhin der Mühe wert, sich selbst mit dem Thema zu befassen.
Im folgenden Beispiel wird hypothetisch auf eine Wohnung mit einem Baualter von 20 Jahren und einem Basispreis von etwa € 3.000,00 pro Quadratmeter brutto in Meran, Freiheitsstraße Bezug genommen.
Willst du den Tagespreis deiner Wohnung kennen, so gibt es dafür vergleichbare Richtpreise, die in Fachzeitschriften (Il Sole – 24 Ore) oder von der Agentur für das Territorium (ex-Registeramt) veröffentlicht werden. Letztere stellen eher niedere Preise dar, da sie zwar auf getätigten Verkaufspreisen beruhen, welche aber nicht immer wahrheitsgemäß in den Verträgen angegeben werden.
Der Marktwert sollte eigentlich von „jedermann“ gezahlt werden. Wer aber garantiert, dass dieser „Jedermann“ kommt. Wenn er nicht kommt, weil er soeben eine Wohnung gekauft hat, muss der Verkaufswert wahrscheinlich nach einer Weile der vergeblichen Suche nach einem Kaufinteressenten nach unten korrigiert werden.
Das einzig richtige Bewertungsergebnis kann es daher nicht geben, das liefert nur der freie Markt, und der hat immer Recht. Den Preis bestimmt also der Markt, wir können nur versuchen, den Wert zu schätzen.
Wer eine behördlich gültige Bewertung benötigt, sollte sich nicht allein auf die oben beschriebenen Methoden und Kriterien verlassen, sondern sich an einen kompetenten Sachverständigen (Agronomen, Agrartechniker, Geometer) wenden, der regelmäßig Bewertungen durchführt.
Baualter |
|
---|---|
00 - 10 Jahre |
1,00 |
11 - 20 Jahre |
0,80 |
21 - 40 Jahre |
0,75 |
41 - 60 Jahre |
0,70 |
über 60 Jahre |
0,60 |
Baulicher Zustand |
|
---|---|
Schlecht |
0,85 |
Mäßig |
0,95 |
Gut |
1,05 |
Sehr gut |
1,15 |
Ausstattung |
|
---|---|
Erdgeschoss |
1,15 |
1. und 2. Stock |
1,03 |
3. und 4. Stock |
0,90 |
Lage |
|
---|---|
Nahes Gewerbegebiet |
|
Hoher Anteil |
0,95 |
Mittlerer Anteil |
0,98 |
Geringer Anteil |
1,02 |
Keines |
1,05 |
Verkehrslärm |
|
---|---|
Hoher Lärmpegel |
0,94 |
Mittlerer Lärmpegel |
0,98 |
Geringer Lärmpegel |
1,02 |
Ruhelage |
1,05 |
Garage |
|
---|---|
Nicht vorhanden |
0,95 |
Vorhanden |
1,10 |
Stellplatz überdacht |
1,05 |
Stellplatz nicht überdacht |
1,03 |
Nähe zum Stadtzentrum |
|
---|---|
Große Entfernung |
0,90 |
Geringe Entfernung |
0,98 |
Nahe |
1,03 |
Sehr nahe |
1,10 |
Verbauungsdichte |
|
---|---|
Hohe Dichte |
0,96 |
Mittlere Dichte |
1,01 |
Geringe Dichte |
1,05 |
Aussicht/Fernsicht |
|
---|---|
Schlecht |
0,92 |
Mäßig |
0,96 |
Gut |
1,04 |
Infrastrukturen |
|
---|---|
(Geschäfte, Schulen, Kulturgebäude, Anbindung an Verkehrswege) |
|
Schlecht |
0,90 |
Gut |
1,05 |
Sehr gut |
1,20 |
Fachautor
Dr. Franz Schrentewein
Freiberuflicher Schätzgutachter
Eppan
Tel. 338 4897 303
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Abbruch
Um ein Altgebäude auf einen besseren Wohnstandard zu bringen, ist es trotz technischer Mängel allgemein kein großes Problem, wohl aber eine Frage des Geldes. Es hat häufig den Anschein, dass Altgebäude billig zu haben sind. Dabei sollte der potentielle Käufer genauestens prüfen, ob nicht ein guter Teil des Kaufpreises noch in das angebotene Gebäude investiert werden muss.
Bewertung Altbauten
Das fiktive Alter eines Gebäudes ergibt sich aus dem tatsächlichen Alter abzüglich der Anzahl von Jahren, um die sich die Gesamtnutzungsdauer durch Modernisierung verlängert hat. Bei Wohngebäuden von etwa über 150 Jahren muss deshalb weniger die Vergangenheit, also das Alter oder das Baujahr, sondern mehr die heute noch verbleibende wirtschaftliche Restnutzungsdauer gesehen werden.